
Interview mit Marlene Johler, Head of Sustainability & Public Affairs HAI Group
Seit nun mehr 15 Monaten ist Marlene Johler als Head of Sustainability & Public Affairs bei HAI. Wir haben uns mit ihr zu den größten Learnings der ersten 15 Monate und über die Bedeutung des Corporate Carbon Footprint am Weg zur Dekarbonisierung unterhalten:
Was waren für Sie die größten Learnings der erste 15 Monate bei HAI?
Marlene Johler: Das größte Learning war, wieviel Wissen über Nachhaltigkeit fehlt. Wir lesen jeden Tag etwas über Nachhaltigkeit in den Nachrichten, aber nur wenige wissen, worum es wirklich geht. Das bedeutet, dass man viele Gespräche führen muss, um alle abzuholen. Deshalb haben wir bei HAI auch damit begonnen, Schulungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzubieten, um mehr Verständnis für das Thema in die gesamte Organisation zu bringen. Ziel ist es, alle an Bord zu holen. Nachhaltigkeit ist ein sehr spannendes Thema, das muss man vermitteln.
Das zweite große Learning ist, wie funktionsübergreifend Nachhaltigkeit ist. Nachhaltigkeit wird oft „nur“ mit Umwelt in Verbindung gebracht, dabei geht es auch um soziale und Governance-Faktoren. Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche der Organisation und das bedeutet, dass man Mitarbeitende aus allen Bereichen des Unternehmens braucht, um Nachhaltigkeit umsetzen zu können.
Wie bewerten Sie die bisher erreichten Ergebnisse?
Marlene Johler: Wir sind sehr stolz auf das, was wir bisher erreicht haben. Seit 2019 konnten wir unsere gesamten CO2-Emissionen um mehr als 20 Prozent reduzieren – das ist enorm. Das ist möglich, weil wir das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich betrachten und Maßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette setzen, angefangen bei der Beschaffung von kohlenstoffarmem Primäraluminium über einen hohen Schrottanteil in der Gießerei, Investitionen in modernste und energieeffizienteste Anlagen bis hin zum Bezug von Ökostrom und eigenen Photovoltaikanlagen.
Hat HAI ein klar definiertes Ziel in Bezug auf den CO2-Fußabdruck ausgerufen?
Marlene Johler: Ja, HAI hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Hier haben wir in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Jetzt geht es darum, unsere Dekarbonisierungs-Roadmap umzusetzen. Das ist nicht trivial, denn alle low-hanging fruits haben wir bereits geerntet, jetzt geht es ans Eingemachte.
Wir sind bei der Dekarbonisierung auch stark vom technologischen Fortschritt abhängig. Unser CO2-Fußabdruck stammt zu einem großen Teil aus dem Aluminium, das wir einkaufen. Damit wir beispielsweise Primäraluminium mit noch geringerem CO2-Fußabdruck zukaufen können, braucht die Aluminiumindustrie eine funktionierende inerte Anoden-Technologie.
Hat HAI ein klar definiertes Ziel in Bezug auf den CO2-Fußabdruck ausgerufen?
Marlene Johler: Im letzten Jahr waren die Hauptthemen der CO2-Fußabdruck unserer Produkte sowie der Recycling anteil. HAI ist ein großer Aluminiumrecycler, trotzdem stehen wir einem verpflichtenden Recyclinganteil kritisch gegenüber, weil der globale Bedarf an Aluminium laufend steigt, unsere Produkte langlebig sind und deshalb zwischen 15 und bis zu 40 Jahre nicht als Schrotte zur Verfügung stehen – was an sich exzellent ist – und man mit der aktuell weltweit verfügbaren Schrottmenge nur ca. 35% des globalen Aluminiumbedarfs
abdecken kann. Zusätzlich funktionieren die Schrottkreisläufe sehr gut, weil man Aluminium endlos ohne Qualitätsverluste recyceln kann, sodass sich 75% des jemals produzierten Aluminiums weiterhin im Kreislauf befinden.
Aufgrund der geopolitisch unsicheren Situation gibt es aktuell viele Fragen zum Thema Sicherheit der Lieferkette. Wir beziehen unser Vormaterial zum größten Teil aus dem EU bzw. EWR-Raum und können hier mit unserer Lieferkette punkten.
Wie wichtig ist für Sie der stetige Austausch mit Kunden der HAI-Gruppe?
Marlene Johler: Ich tausche mich sehr gerne und häufig mit unseren Kunden aus, denn so bekomme ich ein gutes Gefühl dafür, was am Markt gefragt ist und welche Themen unsere Kunden bewegen. So können wir die Bedürfnisse und Erwartungen besser verstehen und gemeinsam nachhaltige Lösungen entwickeln.
HAI bietet seinen mit seinen nachhaltigen SustainAl-Legierungen zertifizierte Daten zum CO2-Fußabdruck. Welche Vorteile bieten zertifizierte Aluminium-Produkte für Kunden aus unterschiedlichen Branchen?
Marlene Johler: Letztlich geht es um Transparenz. Unsere SustainAl-Legierungen haben einen besonders niedrigen CO2-Fußabdruck und einen garantierten Recyclinganteil. Wenn sich unsere Kunden für SustainAl entscheiden, erhalten sie einen entsprechenden Nachweis. Das hilft ihnen, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Dies ist besonders wichtig in Branchen wie der Automobil- und der Bauindustrie, in denen Nachhaltigkeit ein immer wichtigerer Faktor wird.
Neben den Vorteilen für den Klimaschutz, erwartet die HAI-Gruppe auch wirtschaftliche Vorteile durch das Engagement im Bereich der Dekarbonisierung?
Marlene Johler: Nachhaltigkeit ist für HAI ein wichtiger Hebel, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein und unternehmerisch verantwortungsvoll zu handeln. Viele Nachhaltigkeitsprojekte haben einen ROI – gerade, wenn man an die Verbesserung der Ressourceneffizienz, Investitionen in eigene Photovoltaikanlagen, Wärmerückgewinnung etc. denkt. Und das ist gut so, denn Nachhaltigkeit muss ein Business Case sein. Darüber hinaus können wir uns mit kohlenstoffarmen Aluminiumprodukten vom Wettbewerb differenzieren, neue Geschäftsfelder erschließen und langfristig Arbeitsplätze in der Region sichern.
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Marlene Johler: marlene.johler@hai-aluminium.com
Medienkontakt: elfriede.dicker@hai-aluminium.com
Die HAI-Gruppe
Hammerer Aluminium Industries beschäftigt 1.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das 2007 gegründete Unternehmen hat seinen Hauptsitz im oberösterreichischen Ranshofen sowie acht weitere Standorte in Deutschland, Rumänien, Polen und Südkorea. HAI blickt zurück auf eine besondere Erfolgsgeschichte. Hier vereinen sich Dynamik und Innovationsgeist eines jungen Unternehmens mit der Erfahrung eines Traditionsbetriebs. 2024 erzielte HAI in den drei Produktionsbereichen Casting (Gießerei), Extrusion (Strangpressen) und Processing (mechanische Weiterverarbeitung) einen Umsatz von 823 Mio. Euro. Die Produkte der HAI-Gruppe findet man sowohl im Baubereich als auch in der Automobil- und Transporttechnik, in der Elektrotechnik sowie im Maschinen- und Anlagenbau.
Fotocredits: HAI